Der Sinn des Lebens

Eine der Fragen, die jeden Menschen früher oder später beschäftigen, ist diejenige nach dem Sinn des Lebens, dem allgemeinen und dem individuellen: Warum gibt es die Erde und das Universum? Was mache ich in dieser Welt? Was ist der Sinn meiner Existenz? Hat das Ganze überhaupt einen Sinn? Die Ausrichtung unseres Daseins, die Planung un­serer Zukunft, auch die Strategien, mit denen wir unser Glück verfolgen, hängen nicht unwesentlich damit zusammen, welche Antwort auf die Sinnfrage wir für uns selbst finden.
Glauben wir an einen Gott oder an eine höhere Macht in irgendeiner Form, so führt das meis­­tens auch zur Überzeugung, dass die Welt mitsamt dem menschlichen Sein einen Sinn hat, haben muss. Die Vorstellung, dass alles aus Zufall und Chaos entstanden sein könnte und „keiner da ist, der nach dem Rechten schaut“, ist vielen Menschen unerträglich.

Betrachten wir das Universum seit der Entstehung bis heute, stellen wir fest, dass sich die Einheit zur Vielheit entfaltet hat. Beim Urknall, so lehrt uns die Wissenschaft, be­gann ein „Etwas“, das alles extrem dicht komprimiert in sich vereinte, zu expandieren, und es entstanden Galaxien mit Sternen und Planeten. Auf der vorerst unbelebten Erde erschienen später die lebenden Or­ga­nismen, Einzeller. Sie schlossen sich zu Gruppen zu­sammen, spezialisierten sich, bildeten Pflanzen und Tiere, die sich von einfachen zu immer komplexeren Systemen wandelten.
Neben dieser Ausformung von der Einheit zur Vielheit er­ken­nen wir zudem, dass die Natur alles Erdenkliche zu verwirklichen versucht. Schauen wir nur den Artenreichtum an, die oft bizarren Wesen – und stellen wir uns im Gegenzug eine Welt vor, auf der es ausschliesslich Berge aus Granit, braune Erde, Klee, Tannen und Raben gäbe! Es geht in der Schöpfung offenbar nicht um Gleichförmigkeit, Eintönigkeit, sondern um die verschiedenartigsten Farben, Formen, Ma­te­rialien, Laute, Düfte…
Der Sinn des Lebens scheint auf der materiellen Ebene also in der Evolution und Differenzierung zu liegen, in einem nicht endenden Prozess.
Es lässt sich wohl nicht vorhersagen, wie sich unsere Spezies körperlich verändern wird. Doch erweitern wir unseren Blickwinkel von der physischen Evolution auf den Geist, so sehen wir auch hier, vom Einzeller bis zum Menschen, eine fortlaufende Verfeinerung und Individualisierung auf der Bewusstseinsebene. Das lässt sich schliesslich auch innerhalb der Gattung Homo über die letzten paar Millionen Jahre beobachten und noch deutlicher beim Homo sapiens, dem mo­dernen Menschen, in den vergangenen 160000 Jahren.
Darin sehen die mystischen Richtungen der Religionen den Lebenssinn und die Lebensaufgabe des Menschen: durch die Entwicklung eines höheren Bewusstseins das Göttliche zu er­kennen, zu verwirklichen und die Einheit mit ihm zu er­lan­gen.
Dieser Prozess ist nicht wie bei der Evolution der Arten ein kollektiver, sondern ein individueller. Im Gegensatz zu den Pflanzen und vermutlich den meisten (vielleicht gar allen) Tieren, de­ren Verhalten durch Instinkte gesteuert und deren Evolution zwangsläufig durch die Natur vollzogen wird, besitzen wir Menschen nämlich die Voraussetzungen, unsere Handlungsweise mehr oder min­der frei zu bestimmen, und damit die Chance, uns bewusst und freiwillig zu vervollkommnen, um so den Sinn des Lebens zu erfüllen.
Warum aber sollten wir das tun? Was vermag uns anzutreiben? Bekanntlich ist jede Veränderung mit Mühe verbunden, nicht selten mit Angst, Ungewissheit, Herausforderungen, Schmerz und Leid… Unter welchen Bedingungen sind wir denn bereit, solches auf uns zu nehmen? Wohl dann wenn wir glauben, dadurch ein verführerisches Ziel zu erreichen. Und welches Ziel wäre für uns verlockender als anhaltendes Glück? Das ist es nämlich, was wir suchen, alles übri­ge, Geld, Macht, Liebe, Gesundheit und was wir uns sonst noch wünschen, ist nur Mittel zum Zweck. Aber warum finden wir diese immer währende Zufriedenheit nicht? Wa­rum besteht das Leben aus einem Auf und Ab, aus Freu­de und Leid? Warum trübt immer wieder etwas unser Glück?
Vielleicht, weil wir den richtigen Weg noch nicht erkannt, nicht entdeckt haben. Könnte der Preis dafür nicht in der Entwicklung eines neuen Bewusstseins liegen? Oder an­ders ausgedrückt: Gibt es eine Bewusstseinsstufe, auf welcher wir ausschliesslich zufrieden sind? Der Karma Yoga weist einen Weg.
(Dieser Text stammt weitgehend aus meinem Buch „Karma Yoga – Auf dem sonnigen Weg durch das Leben“)

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