Angst in Zeiten der Coronakrise

Es gibt seit Wochen kaum mehr andere Gesprächsthemen in den Medien. Ich selbst empfinde es als eine überaus interessante und spannende Zeit und verfolge intensiv die Pressekonferenzen der Regierungen in der Schweiz und in Deutschland und des RKI. Während die Pressekonferenzen als Livestream auf verschiedenen Websites übertragen werden, erscheinen ebenfalls die Live-Kommentare der Zuschauer. Beschimpfungen der Referenten, warum Gesichtsmasken nicht ausreichend verfügbar seien, und Beschimpfungen der Kommentarschreiber untereinander, Rufe nach strengerer Regulierung, dazu Fragen, Fragen, Fragen, oft banal oder schon hundert Mal beantwortet. In den meisten Kommentaren erkenne ich viel, viel Angst. Es stimmt mich traurig, wenn ich sehe, wie sehr die Menschen darunter leiden. Zumal ein Teil dieser Angst unnötig ist und dadurch beseitigt werden könnte, dass die einzelnen Menschen sich besser informieren. Der grössere Teil der Angst aber entspringt aus unserer Angst vor dem Unbekannten, Ungewissen – ob es nun ein weltweites Virus ist oder eine ganz persönliche Situation. All diesen Menschen rufe ich zu: Habt Vertrauen! Das Urvertrauen, dass euch nichts geschehen kann, was nicht am Ende gut für euch ist! Nutzt die derzeitige Lage, um innerlich zu wachsen, zu erstarken und die Urangst – vor dem Leiden – zu besiegen. Diese Angst hindert euch am Leben und daran, ihr selbst zu sein und euren eigenen Weg zu gehen, und dies nicht nur in Zeiten des Coronavirus.

Ebenso viel Angst erkenne ich allerdings bei den Entscheidungsträgern der Regierungen. Die Angst, etwas falsch zu machen, zu strenge oder zu lockere Massnahmen zu treffen. Wobei ich mit der Art und Weise, wie die Corona-Krise in der Schweiz und in Deutschland gehandhabt wird, recht zufrieden bin. Doch auch hier ist die Menschlichkeit teilweise verloren gegangen: Wenn Sterbenden die Möglichkeit verwehrt wird, im Tod ihre Lieben um sich zu haben, wenn Kinder von einem Elternteil und Liebende voneinander getrennt werden durch strikt geschlossene Grenzen, wenn die wirtschaftliche Existenz kleiner Gewerbetreibender zerstört wird. Da haben die Regierungen das gesunde Augenmass verloren. Und ich wünsche mir, dass sie bei ihren Entscheidungen künftig nicht nur den Verlust von Menschenleben aufgrund des Coronavirus in die Waagschale legen, sondern auch den Verlust der Menschlichkeit und Wärme.

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2 Gedanken zu “Angst in Zeiten der Coronakrise

  1. Vielen Dank für diesen Kommentar – ich fühle mich ausgeliefert und habe so viel Zorn in mir!!! Die Bemühungen der letzten Zeit um mehr Miteinander werden mit teilweise sinnlosen Überreaktionen zunichte gemacht; der Mensch wird wieder auseinander getrieben (Hamsterkäufe, Egoismus, Beschimpfungen) da können auch die lieben und gut gemeinten Hilfsangebote beim einkaufen nicht hinwegtäuschen. Ich war auf einer Beerdigung, die mit Menschenwürde nichts mehr zu tun hat. Kein Halt für die Witwe, kein Trösten, Umarmen (wenn man sich an die Regeln hält). Mit Bewunderung schaue ich nach Schweden – hier haben die Menschen noch Mumm und irgendwann muss jeder gehen!!!!!

    • Liebe Elke, danke für deine berührenden, treffenden Worte. Ich kann dir nur zustimmen!
      Es ist für die Behörden sicher sehr schwierig, die „richtigen“ Entscheidungen zu treffen. Aber es wird oft einfach über das Ziel hinausgeschossen und dann gehen der gesunde Menschenverstand und die Menschenwürde verloren. Und wir hören leider immer wieder von solchen unglaublichen Fällen: Die über 90-jährige Frau im Pflegeheim (ich glaube es war in Frankreich oder in Spanien), die seit 6 Wochen (!) ihr Zimmer nicht mehr verlassen durfte und nicht einmal mit anderen Bewohnern des Heims Kontakt haben durfte. Einfach nur dumm und traurig…

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