Gesund oder heil?

Das Fehlen von Krankheitssymptomen bezeichnen wir als Gesundheit. „Es geht mir gut“, sagen wir dann. Heisst das, wir sind heil?
Das Wort geht auf das althochdeutsche Heil zurück, das Gesundheit, Glück bedeutete; es ist auch mit dem altenglischen hael (= günstiges Vorzeichen) sowie mit den heutigen englischen Wörtern whole (= ganz) und hale (= gesund, rüs­tig, munter) verwandt, vielleicht auch mit dem hebräischen holah (= das, was emporsteigt). Im Christentum bekam Heil den Sinn von Erlösung, wie es heute noch in Begriffen wie Heilslehre und Heilsgeschichte enthalten ist. Im ursprünglichen Sinn von Glück verwenden wir es noch in guten Wünschen wie Weidmanns Heil und Petri Heil.
Wann sind wir also heil? Bestimmt nicht dann, wenn wir gerade nicht krank sind, also gesund. Zum Heil-Sein gehört mehr: Schliessen wir doch alle oben erwähnten Bedeutungen ein! Heil sind wir, wenn wir in al­len unseren Elementen gesund sind, zufrieden/glücklich in uns ruhen, ganz im Sinn der Einheit von Seele und Ego beziehungsweise von Seele und verwandeltem Ego, em­porgestiegen und erlöst im Sinn von aufs Göttliche ausgerichtet oder eins mit ihm. Erst dann geht es uns wahrhaft gut; beim blossen Fehlen von Krankheitssymptomen sind wir noch lange nicht heil.

Auch wenn wir uns auf den spirituellen Weg begeben und unser Heil suchen, bleiben wir deswegen nicht verschont von scheinbar gewöhnlichen Erkrankungen mit ihrer ge­wöhnlichen Symbolik. Auf die Deutung und Bedeutung von Krankheiten und Symptomen will ich jedoch nicht eingehen, zu diesem Thema gibt es viele Bücher, z.B. von Dr. Rüdiger Dahlke. Dafür stelle ich (in aller Kürze) ein Modell vor, bei dem der Energiefluss im Vordergrund steht; es stammt von der italienischen spirituellen Psy­cho­login Angela Maria La Sala Batà, das sie in ihrem Buch „Medicina psico-spirituale“ erläutert. Danach entstehen Krankheiten durch unsere falsche Verwendung der Energie. Die daraus resultierenden Störungen lassen sich in zwei Kategorien aufteilen.
• Störungen, die aus einer Energiestauung entstehen. Die Energie wird zwar aktiviert, beispielsweise in einer schwierigen, herausfordernden Situation, der wir uns stellen, so­dass wir uns in Alarmbereitschaft versetzen. Dann weichen wir aber zurück und die Energie wird nicht benutzt. Da­durch entsteht eine Energie­stauung und daraus eine Spannung. Symp­tome sind Reizbarkeit, Erregung, Ängstlichkeit; die entsprechenden Erkrankungen sind oft entzündlicher Natur, manifestieren sich aber auch in Symptomen von Überschuss, wie Bluthochdruck, Überproduktion von Ma­gensäure, Muskelverspannungen.
• Störungen, die auf einer Energiehemmung beruhen. Die Energie wird, teilweise auch unbewusst, zurückgehalten, am normalen Wirken gehindert – etwa wenn wir uns einer schwierigen, herausfordernden Situation erst gar nicht stellen, sondern ihr ausweichen oder in kindlicher Weise Hilfe suchen; wir unterdrücken die in uns vorhande­ne Energie. Die Symptome sind Müdigkeit, Erschöpfung, Depression, Apathie, Nachlässigkeit; die entsprechenden Erkrankungen sind oft organischer Natur, bis hin zum Tod eines Organs, der auf einer Unterversorgung mit Energie beruht.

(Dieser Text stammt im Wesentlichen aus meinem Buch: „Unsere innere Welt. Sonnwandeln Band IV“)

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Die Angst vor Krankheiten

Nicht selten habe ich die Aussage gehört: „Vor dem Tod habe ich eigentlich keine Angst, aber davor, krank zu werden…“ Selbst junge Menschen leiden zuweilen sehr unter ihrer Angst vor Krankheiten. Kaum tut im Körper etwas weh, denken sie schon, es könnte Krebs sein, stolpert das Herz, befürchten sie gleich einen Infarkt.

Das Allheilmittel gegen jegliche Angst ist natürlich das Urvertrauen. Doch wer von uns hat schon in jedem Augenblick dieses bedingungslose Vertrauen oder kann es „hervorzaubern“, wenn es nötig ist? Gerade Ängste sind oft äusserst mächtig und haben die unangenehme Eigenschaft, uns den Verstand zu rauben, sodass wir nicht mehr rational denken.
Deshalb will ich hier einige Tipps geben, wie wir mit der Angst vor Krankheiten umgehen können, obwohl ich natürlich auch kein Patentrezept habe, das für alle und alles wirkt.

• Ist die Angst vor Krankheiten so dominierend, dass sie unsere Lebensqualität beeinträchtigt, dann sollten wir ärztliche/psychotherapeutische Hilfe suchen, denn in diesem Fall ist die Angst selbst zu einer Krankheit geworden.

• Ist die Angst vor Krankheiten hingegen nicht so dominierend, dass sie unsere Lebensqualität beeinträchtigt, geht es in erster Linie darum zu lernen, mit der Angst umzugehen. Sie zu bekämpfen, ist kontraproduktiv, da ein Kampf eine Gegenwehr, ein Auflehnen der Angst bewirkt. Vielmehr sollten wir die Angst akzeptieren, sie zu unserer Gefährtin machen, die zwar da ist, uns aber weiter nichts tut.
Wir nehmen sie wahr, schauen sie an, akzeptieren sie – und uns mit ihr. Doch wir versinken nicht darin, verschmelzen nicht mit ihr. Wir stellen sie uns ausserhalb von uns vor, personifiziert, wie je­mand an unserer Seite: ein unangenehmer Geselle, aber kein gefährlicher, lebensbedrohlicher. Stellen wir sie uns konkret vor: Wie sieht sie aus, welche Ausdehnung hat sie, welche Far­be, welchen Geruch, wie ist sie angezogen, welche Haltung nimmt sie ein? Und vor allem: Was macht sie eigentlich, ausser einfach neben uns zu stehen? Nicht viel, meistens…
Daraufhin sagen wir zu ihr: „Begleite mich, wenn du willst. Ich lasse mich von dir aber nicht einschüchtern, ich dulde dich zwar, aber ich handle, als ob es dich nicht gäbe – du bist wohl da, aber Macht über mich besitzt du nicht.“
Durch das Akzeptieren der Angst schwächen wir sie, und nicht selten verschwindet sie mit der Zeit dann vollständig.

Wie gesagt, ist das beste Mittel gegen die Angst natürlich die Stärkung des Urvertrauens generell. Dies ist jedoch ein längerer Prozess. Ich erinnere an die beiden Grundsätze, über die ich schon oft auf meinen Websites und in meinen Büchern geschrieben habe. Diese beiden Grundsätze müssen wir uns immer wieder, vor allem wenn Angst uns befällt, in Erinnerung rufen und uns einprägen:
1. Ich bekomme immer das, was ich brauche und mir guttut. Unabhängig von meinem Streben und Bemühen, wird mir gegeben, was meine innere Entwicklung fördert, und es wird mir genommen, was sie hemmt. Ich besitze nicht die Macht, etwas zu erreichen, was nicht für mich bestimmt ist. Dies auf lange Sicht betrachtet, denn bei einem im wahren Sinne des Wortes kurzsichtigen Blickwinkel erhalte ich manchmal, was ich will – doch nur als Erkenntnislektion. Steht es nämlich meinem Lebensziel entgegen, so geht es mir wieder verloren oder wird mich unglücklich machen, sodass ich einen anderen Weg einschlage.
2. Es kann mir nichts geschehen, was nicht gut für mich ist. Alles, was mir zustösst, verfolgt einzig den Zweck, mich zu lehren, mir neue Erkenntnisse zu vermitteln, meine innere Entwicklung zu fördern. Dabei sind alle und alles meine Lehrer in dieser Lebensschule. Kein Mensch, keine Naturgewalt, kein Lebewesen besitzt die Macht, mir etwas anzutun, falls es nicht sein darf und meinem individuellen Lernprozess zuwiderläuft. Und wie sehr ich auch versuche, etwas zu meiden oder zu fliehen, ich kann nichts abwenden, was für mich bestimmt ist. Ich darf aber auch darauf vertrauen, dass mir nie mehr aufgebürdet wird, als ich zu tragen vermag.

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Alles hat einen Sinn

Als ich vor einigen Tagen auf dem Bahnsteig stand und auf den Zug wartete, näherten sich mir zwei Frauen, etwa Mitte 30, die heftig miteinander diskutierten.
„Diesen esoterischen Spruch ‚Alles hat einen Sinn‘ kann ich nicht mehr hören! Verschon mich damit!“, sagte die eine ziemlich aufgebracht. Die andere wollte etwas erwidern, kam jedoch nicht zu Wort, weil die erste gleich weiterfuhr: „Würdest du das auch einer Mutter sagen, deren Kind gerade gestorben ist?“

Schon waren die beiden an mir vorbei und ausser Hörweite. Doch es machte mich nachdenklich. Wie oft hatte ich doch diesen oder einen ähnlichen Spruch schon gesagt! Eine so heftige Reaktion war mir jedoch nie entgegengebracht worden. Und es ist nun einmal das, woran ich glaube und was ich in meinem Leben schon unzählige Male erfahren habe. Natürlich sage ich es nicht zu jedem und in jeder Situation; ich vertraue darauf, dass meine Innere Stimme mir schon die richtigen Worte auf die Zunge legt, wenn es darum geht, jemanden zu trösten und ihm Mut zu machen.

Mir wurde dieser Satz zum ersten Mal von einer weisen Frau gesagt, als mein Partner gestorben war. Und mir hat er damals gutgetan! Er hat mir zwar den Verlustschmerz nicht nehmen können, aber er hat ein kleines Licht der Zuversicht angezündet, dass alles gut wird. Später habe ich dann tatsächlich auch verstanden – also den Sinn erkannt –, warum ich meinen Partner durch den Tod verlieren musste.

Am berührendsten war dieser Satz für mich aber, als ich ihn einmal aus dem Mund einer Freundin hörte, deren Kind an einem äusserst aggressiven bösartigen Tumor erkrankt war. Sie sagte, mehr zu sich selbst als zu mir: „Es wird schon einen Sinn haben… auch wenn ich ihn überhaupt nicht sehe und wahnsinnig Angst habe, meinen Kleinen zu verlieren.“ Und sie weinte dabei.

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… ausser man tut es

Zwei neuere Kommentare auf meiner Website Selbstliebe* veranlassen mich, hier etwas ganz Banales einmal deutlich auszusprechen, was ich auch in meinen Kursen wieder und wieder sage.

Es gibt keinen anderen Weg, uns zu ändern, als es zu tun!

Wenn jemand klagend fragt: Wie kann ich aufhören, so oft zu lügen? Oder: Wie bringe ich es fertig, jemandem einen Wunsch abzuschlagen? Oder: Wie schaffe ich es, meinem ungerechten Chef einmal die Meinung zu sagen? Oder …
Was soll man dann antworten, wenn nicht: Tu es einfach!

Wollen wir aufhören, uns in einer bestimmten Weise zu verhalten, so müssen wir aufhören, uns in dieser bestimmten Weise zu verhalten. Nicht mehr und nicht weniger.
Es reicht nicht zu wissen, warum wir uns so verhalten und dass wir uns anders verhalten möchten/sollten. Wir müssen es selbst ändern! Niemand kann es für uns tun.
Eine entsprechende Erkenntnis mag uns dabei helfen, ein aufmunternder Zuspruch uns darin bestärken. Aber tun müssen wir es ganz allein. Und es nützt auch nichts, es aufzuschieben.
Etwas Mut braucht es dazu. Bringen wir diesen Mut nicht auf, dann müssen wir halt weiterhin unter der bestehenden Situation leiden – bis sie so erdrückend wird, dass wir keinen anderen Ausweg sehen, als etwas daran zu ändern.
Unser persönlicher Einsatz, unser Wille uns zu ändern und unser aktives Handeln sind unerlässlich, denn Wunder geschehen nur ganz, ganz selten.

* die beiden Kommentare von Selma und Petra und meine beiden nachfolgenden Antworten dazu

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Der Tod – immer ein unerwarteter Gast

Das Thema meines letzten Beitrags lässt mich noch nicht los. Von einem gewissen Alter an kommt es nun einmal immer häufiger vor, dass wir geliebte Menschen durch Tod verlieren. Deshalb noch einige weitere Gedanken dazu.

Tagtäglich kommen wir mit dem Tod in Berührung: Wir lesen in der Zeitung, sehen im Fernsehen Bilder von Toten durch Unfälle, Naturkatastrophen, Verbrechen, Kriege; auch in unserem näheren oder weiteren Umfeld, im Bekanntenkreis oder am Arbeitsplatz, stirbt von Zeit zu Zeit jemand oder erleidet eine lebensbedrohliche Krankheit. Obwohl der Tod also allgegenwärtig ist, leben wir nicht wirklich Seite an Seite mit ihm: Sobald er an unsere eigene Türe klopft, erschrecken wir gewaltig und wollen nichts mit ihm zu tun haben.
Der Tod betrifft immer nur die anderen, wir rechnen nicht mit diesem unerwünschten Gast. Raubt er uns einen Menschen, der uns wirklich na­hesteht, sind wir völlig unvor­bereitet und müssen von Grund auf lernen, mit dem Schmerz und dem Verlust umzugehen.

Wäre es denn sinnvoll, mit dem Tod zu leben, bevor der Ernstfall tatsächlich eintritt? Ist es überhaupt möglich, ihn in der Theorie vorwegzunehmen, lernen mit ihm umzugehen, solange er nicht wirklich präsent ist? Stellt er nicht immer eine „Ausnahmesituation“ dar?
Vermutlich nützt uns eine gemachte Erfahrung, sei es in der Realität oder lediglich durch die gedankliche und emo­tionale Auseinandersetzung, für einen künftigen To­desfall nicht viel: Jeder ist etwas anderes und von Neuem unbekannt. Uns auf den konkreten Tod eines geliebten Menschen vorzubereiten, wird uns wahrscheinlich nicht gelingen.

Sinnvoller ist es – und das hilft uns bei jedem Verlust, ob durch Tod oder durch Trennung –, die Eigenschaften und Werte in uns aufzubauen und zu stärken, die uns in jeder Lebenssituation tragen: Urvertrauen, Gleichmut und die Hingabe an das Göttliche.

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Sterben – oder sterben sehen

Ein Freund erzählte mir neulich ziemlich betroffen vom Tod einer gemeinsamen Bekannten. Noch bevor ich etwas dazu sagen konnte, fügte er hinzu: „Sterben – oder sterben sehen.“

In der Tat ist es so. Solange wir selbst nicht gestorben sind, bleibt es uns nicht erspart, von Zeit zu Zeit den Tod eines Menschen aus unserem Umfeld mitzuerleben. Je näher er uns steht, desto mehr trifft es uns.
Und damit wird uns immer auch unsere eigene Endlichkeit vor Augen geführt. Manchmal ist es ein Schock, es macht uns nachdenklich, vielleicht nehmen wir uns sogar vor, an unserem eigenen Leben jetzt etwas zu ändern. Doch meistens hält diese Bewusstwerdung des eigenen irgendwann bevorstehenden Todes nicht an. Schade…

Die folgende persische Geschichte soll uns daran erinnern.

Ein Mann bat den Todesengel Azrael, ihm rechtzeitig Bescheid zu sagen, bevor er ihn abholen würde. Dieser versprach es.
Eines Tages erschien er aber unvermittelt und teilte dem Mann mit, dass es am nächsten Tag so weit sei.
Der Mann war entsetzt: „Das kann nicht sein! Du hast mir doch zugesagt, mich beizeiten darüber zu informieren!“
Azrael antwortete: „Ich habe dir genügend Zeichen gegeben! Als dein Vater ins Jenseits ging, hast du es nicht verstanden; wie ich deinen Bruder, deinen Nachbarn und deinen Freund, einen nach dem anderen, holte, hast du nichts gelernt. Nun bist du morgen dran.“
Als der Mann am darauffolgenden Tag in Begleitung des Todesengels in die andere Welt hinübertrat, begegneten ihnen viele, viele verstorbene Menschen, und alle beklagten sich laut: „Warum hast du uns nicht rechtzeitig Bescheid gesagt? Wir hätten noch so viel zu erledigen gehabt…“

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Im Kampf gegen das Ego

In den letzten Tagen hatte ich mit mehreren Menschen zu tun, die sich momentan intensiv mit ihrem Ego beschäftigen beziehungsweise mit bestimmten Aspekten davon – Einsamkeit, Empfinden von Ausgegrenztheit oder Nutzlosigkeit, Verletzung, Liebeskummer. Und sie kämpfen! Sie kämpfen gegen diese Empfindungen und gegen den Schmerz, den sie spüren. Sie wollen ihr Ego besiegen und die Zufriedenheit finden, die tief in jedem von uns stets vorhanden ist.

Doch der Kampf ist nicht das richtige Mittel! Es gibt ein physikalisches Gesetz, das besagt: Jede Kraft erzeugt eine Gegenkraft! Je mehr wir gegen das Ego und seine Eigenschaften ankämpfen, desto mehr Kraft verleihen wir ihnen!
Loslassen ist der erste Grundsatz… den Kampf loslassen. Uns einmal so akzeptieren, wie wir sind, mit der Einsamkeit, den negativen Empfindungen, dem mangelnden Selbstwertgefühl, einfach hinschauen und sagen: Ja, so bin ich und so ist es gut. Wenn es uns gelingt, uns so zu akzeptieren, wie wir sind, dann spielt es überhaupt keine Rolle, wie viele „schlechte“ Eigenschaften wir haben!

Nur: Was machen wir mit dem Schmerz in uns, der durch diese Empfindungen hervorgerufen wird? Er ist mehr als unangenehm, und vor allem: Er ist es, den wir im Grunde genommen unbedingt loswerden wollen! Aber auch gegen ihn ist der Kampf aussichtslos! Je mehr wir uns mit ihm beschäftigen, desto mehr Macht geben wir ihm.
Das Ego sucht Emotionen, das ist eine Tatsache. Kann es keine lustvollen bekommen, so nimmt es mit unangenehmen, schmerzlichen, quälenden vorlieb – Hauptsache es hat überhaupt welche! Und wir müssen zuallererst aufhören, diese Emotionen durch unsere Hinwendung und unser Selbstmitleid zu füttern. Wir müssen sie ignorieren – so weit uns das gelingt –, indem wir uns ablenken und uns durch sie nicht von unseren übrigen Tätigkeiten, Pflichten und Vergnügen abhalten lassen. Dann „verhungern“ sie mit der Zeit und lassen von uns ab.
Zugegeben, das ist nicht ganz einfach. Wir müssen uns intensiv bemühen, unser Denken immer wieder von den quälenden Erinnerungen und kreisenden Gedanken abzuziehen. Es hilft in der Regel auch nicht, uns durch „rationale“ Argumente selbst überzeugen zu wollen, beispielsweise warum die Verletzung, die uns jemand zugefügt hat, eigentlich gar nicht so schlimm ist, warum sich der Liebeskummer nicht lohnt und mehr dergleichen; denn auch solche Gedanken sind schliesslich nichts anderes als eine Form der Hinwendung zu unserem Schmerz.
Ich persönlich versuche in solchen Situationen, mein Ego nicht ernst zu nehmen: „So, so, du willst meine Aufmerksamkeit?“, sage ich jeweils zu ihm (zu mir selbst!), „War es dir in letzter Zeit zu wohl, dass du jetzt unbedingt einen Schmerz suchst? Na, dann behalte ihn doch, wenn es dir Spass macht! Ich nehme ihn dir bestimmt nicht weg.“ Und dann wende ich mich davon ab.
Eine andere Methode, die je nach Fall auch gut wirkt, ist den Schmerz in Wut zu verwandeln (mit Wut können wir in der Regel besser umgehen – und sie tut vor allem nicht weh!). Sind wir beispielsweise verletzt worden, können wir uns sagen: „Was erlaubt sich X überhaupt, mir so etwas zu sagen/anzutun? Unsensibel und rücksichtslos ist er! Der hat ja keine Ahnung, wer ich bin!“ Und mehr in der Art. Nachdem wir dann Wut verspüren und sie eine Weile ausgelebt haben (und der Schmerz sich gelegt hat), sollten wir sie allerdings wieder loswerden. Dazu können wir beispielsweise nach Gründen suchen, warum X sich so verhalten haben könnte: „Er wurde halt auch schon oft verletzt, er kann gar nicht anders…“ Oder wir ziehen einfach einen Schlussstrich und verzeihen.

Es gibt verschiedene Wege, mit diesem Schmerz umzugehen, jeder muss seinen eigenen finden. Entscheidend ist in jedem Fall – wie gesagt –, nicht dagegen anzukämpfen und sich nicht direkt damit beschäftigen.
Bis der Schmerz dann endgültig von uns gegangen ist, bleibt uns nichts anderes übrig, als ihn anzunehmen und zu ertragen. Dieses Thema habe ich in einem früheren Beitrag auf meiner Website „Selbstliebe“ näher erläutert, siehe hier.

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Emotionen und Gefühl

Von einer weisen Frau habe ich vor vielen Jahren gelernt zu unterscheiden zwischen Emotionen (auch als Gemütsbewegungen bezeichnet) und Gefühlen. Das ist überaus wichtig, das erkenne ich immer wieder bei mir selbst, denn nur allzu oft verwechseln wir die beiden und halten für edle Gefühle, was in Wirklichkeit nur Begehren des Ego sind. Vorab ganz kurz gesagt: Emotionen sind Erregungen des Ego, die durch äussere Gegebenheiten hervorgerufen werden; Gefühl ist der Zustand der Seele. Einige Beispielpaare mögen diesen Gedanken veranschaulichen (wobei es teilweise natürlich eine rein sprachliche Definitionssache ist, die in einer anderen Sprache so nicht funktioniert – an der Tatsache der Unterscheidung ändert das jedoch nichts).

Emotion – Gefühl
Verliebtheit – Liebe
Glücklichsein – Zufriedenheit
Mitleid – Güte/Liebe
Sorge – Fürsorge

Mir ist im Buch „Der Karma Yoga“ von C. Kerneïz eine Erläuterung begegnet, die ich hier wörtlich und von mir unkommentiert zitieren will – man kann es einfach nicht treffender sagen und dem ist meinerseits auch nichts hinzuzufügen! (Das Werk stammt aus den 1930-er Jahren, wurde 1950 auf Deutsch übersetzt, weshalb gewisse Begriffe und Formulierungen etwas altertümlich anmuten mögen.) Es geht dabei um das Mitleid beziehungsweise die Güte/Liebe, lässt sich aber analog auf andere Emotionen/Gefühle übertragen.

Gewöhnlich verwechselt man Gemütsbewegungen mit Gefühl, vor allem die Gemütsbewegung des Mitleids mit dem Gefühl der Liebe. Wenn man von einem leicht erregten Menschen sagt, er sei gefühlvoll, glaubt man das Gleiche auszudrücken. Nichts aber ist weniger richtig! Das Gefühl ist eine rein seelische, von schwachen oder überhaupt keinen körperlichen Rückwirkungen begleitete Erscheinung. Die Gemütsbewegung dagegen ist im wesentlichen körperliche Erscheinung, wenn sie auch leichte seelische Rückwirkungen hervorrufen kann. Die vom Gefühl bestimmten Werke sind beherzt gewollt. Durch Gemütsbewegungen bestimmte Werke sind Rückwirkungen, die sich stark den Reflexen nähern.
Seiner seelischen Natur nach ist das Gefühl neben der Einsicht die einzig mögliche Quelle frei entschiedener, völlig selbstloser Handlungen. Das Gefühl nimmt an unserer wirklichen Persönlichkeit teil. Die eng mit den Organen unseres stofflichen Leibs verbundene Gemütsbewegung gehört nicht in den Bereich der wirklichen Persönlichkeit [Seele oder Höheres Selbst], sondern in den der scheinbaren Persönlichkeit [Ego] und ist deshalb grundsätzlich egoistisch.
Es ist daher ein grosser Irrtum, das Mitleid, wie es nur zu oft geschieht, als die ständige Quelle der Werke der Barmherzigkeit zu betrachten. Mitleid ist tatsächlich eine Gemütsbewergung. Vielleicht ist die Tatsache, dass man mehr oder weniger leicht und heftig Mitleid empfinden kann, vom sozialen Gesichtspunkt aus eine gute Eigenschaft. […] Aber es ist ebensowenig wie Schönheit, Verstand, Kraft oder Beweglichkeit eine Tugend. Meist ist Mitleid von einem Gefühl der Güte begleitet; indessen ist dieses Zusammentreffen zufällig, da keine notwendige Verbindung zwischen den beiden besteht. Mitleid kann ohne Güte und Güte ohne Mitleid vorhanden sein. Man begegnet manchmal gütigen Menschen, die nicht mitleidig sind, öfter noch trifft man mitleidige Menschen, die nicht gut sind; ja, es ist nicht selten, dass diese sogar sehr böse sind.
Die Gemütsbewegung des Mitleids wird durch das Mitansehen der Leiden Anderer hervorgerufen, d.h. durch eine Empfindung; ebenso kann sie durch den mündlichen oder schriftlichen Bericht wachgerufen werden. Daraus entsteht ein körperlicher Schock und eine geistige Verwirrung, die schmerzhafte, im Unterbewusstsein versunkene Bilder hervorrufen; man empfindet dann in der Einbildung mehr oder weniger stark das physische oder moralische Leiden mit, dessen Zeuge man wirklich oder nach dem Bericht ist.
Jedes Leid ruft den unwillkürlichen Impuls hervor, seine Ursache aufzuheben: man zieht instinktmässig den verwundenden Stachel heraus. Dasselbe gilt auch für das eingebildete, vom Mitleid hervorgerufene Leiden. Um sich ihm zu entziehen, ist das natürlichste Mittel, den Anblick des wirklichen Schmerzes, also seine Ursache aufzuheben: wir müssen dem unglücklichen Nachbarn helfen. Der Beweggrund zu dieser Tat ist also ein egoistischer.
Die Fähigkeit, Mitleid zu fühlen, ist verständlicherweise von Individuum zu Individuum verschieden, je nachdem das Nervensystem mehr oder weniger feinfühlig und beeindruckbar ist. Diese rein körperlichen Unterscheidungen haben überhaupt keine moralische Bedeutung, und es ist ein schwerer, nur zu häufiger Irrtum, die Güte eines Menschen nach der Lebhaftigkeit der Rückwirkungen abzuschätzen, die das Leiden eines Anderen in ihm auslöst.
Wie stark es auch sei, das Mitleid bleibt immer an der Oberfläche. Vom Anschein erweckt, beruhigt es sich ebenso leicht durch den Anschein. […]
Was aber ist Güte? Güte ist die allgemeine Form der Liebe, einer Liebe, die unabhängig ist von allen besonderen Gegenständen, auf die sie ausgeübt wird.
Wie Licht unabhängig ist von einzelnen Gegenständen, die es erhellt, so ist auch Güte, die Allgemeinform der Liebe, unabhängig von jedem einzelnen Gegenstand der Liebe. Diese Allumfassung ist das Zeichen, in dem die wahre Güte erkannt wird: es ist ihr besonderes Merkmal.

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Schicksalsschläge

Eine Bekannte von mir hat binnen weniger Monate viel Schweres erlitten, und zwar in jedem Lebensbereich, dem persönlichen, dem beruflichen und auch in ihrem Umfeld. Sie steht gewissermassen nackt da, ganz am Boden. Es stellt sich die Frage, warum es solche Häufungen von Schicksalsschlägen gibt – wo doch der einzelne schon schwer zu bewältigen ist und alle zusammen kaum mehr zu ertragen.

Jedes Ereignis an sich hat eine bestimmte Bedeutung, die wir erkennen oder nicht. Käme es als Einzelereignis daher, bestünde offenbar die Gefahr, dass wir uns irgendwie „herauswinden“ ohne daraus zu lernen: Ein einzelnes Problem lässt sich einfacher lösen oder verdrängen. Die Häufung jedoch führt uns an unsere Grenzen, an den Punkt, an dem wir etwas unternehmen müssen – oder „untergehen“: Vielleicht wagen wir positive neue Schritte, weil wir „nichts mehr zu verlieren haben“ (in der Tat haben wir nie etwas zu verlieren!); oder nach einer Zeit des Schmerzes und der Verzweiflung, die wir mit Gleichmut zu ertragen lernen sollen, eröffnen sich uns ungeahnte, bereichernde Möglichkeiten, die wir nicht wahrnehmen könnten, wären die sogenannten Schicksalsschläge nicht alle zusammen aufgetreten.
Und leider sind es oft die schweren Schicksalsschläge, die uns erst auf unseren spirituellen Weg führen oder uns darin bestärken…
Wichtig ist, das Vertrauen nicht zu verlieren, dass nichts geschieht, um uns zu strafen oder zu verletzen. Alles dient unserer Entwicklung und mündet im Guten, in Glück und Erfüllung. An dieser Überzeugung sollten wir unter allen Umständen festhalten!

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Das Leiden der „Unschuldigen“

Warum müssen „Unschuldige“ leiden und sterben, beispielsweise unschuldige Opfer eines Unfalls, die hungernden Kinder? Das ist eine Frage, die sich die Menschen immer wieder stellen und die manche an der Existenz eines gütigen, barmherzigen Gottes zweifeln lassen.

Eine pauschale Erklärung dafür gibt es nicht. Zumindest keine, die der menschlichen Logik gerecht würde. „Vernünftige“ Erklärungen bieten das Karma-Gesetz oder die Vorstellung eines Göttlichen Plans, in dem diese Ereignisse eben einen Grund haben, den wir Menschen allerdings nicht wissen – und womöglich auch nicht verstünden.
Weit verbreitet ist auch die Theorie des Advaita-Vedanta (eine der Richtungen der altindischen Philosophie), die kurz umrissen besagt, dass die Welt, alles „Erschaffene“, nur eine Illusion (= Maya) sei (also auch das Leiden und der Tod) und die einzige Wirklichkeit das Göttliche, mit dem wir eins sind, ohne uns dessen bewusst zu sein.
Wir können uns das so vorstellen: Eine Zelle unseres Körpers (beispielsweise eine Leberzelle) fühlt sich als ein eigenständiges Wesen, sie funktioniert tatsächlich ganz für sich allein; sie ist sich zwar bewusst, dass sie Teil eines Grösseren ist (der Leber) und mit den anderen Leberzellen zusammenlebt, doch sie nimmt das übergeordnete Wesen (den Menschen), von dem sie ein Teil ist, nicht wahr.
Analog, immer gemäss der indischen Philosophie, realisieren wir menschliche Wesen ebenso wenig, dass wir nicht nur Teile der Menschheit sind, sondern auch Teile eines grösseren Ganzen. Diese Wahrheit wird durch Maya sozusagen verschleiert und unsere Aufgabe und Ziel ist es, den Schleier zu durchdringen und die Wirklichkeit zu erkennen.
Somit wäre auch jedes individuelle Leiden nur eine Illusion – gelingt es uns, diese Illusion zu beseitigen, hört das Leiden auf.

Diese Erkenntnis soll uns dazu verhelfen, dass wir das eigene Leiden mit etwas mehr Distanz betrachten und relativieren, und verhindern, dass wir bei unseren leidenden Mitmenschen mit-leiden – doch selbstverständlich sollen wir ihnen mit Nächstenliebe und Barmherzigkeit begegnen, ihnen Trost spenden und nach unseren Möglichkeiten dazu beitragen, ihr Leiden zu lindern.

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