Als ich vor einigen Tagen auf dem Bahnsteig stand und auf den Zug wartete, näherten sich mir zwei Frauen, etwa Mitte 30, die heftig miteinander diskutierten.
„Diesen esoterischen Spruch ‚Alles hat einen Sinn‘ kann ich nicht mehr hören! Verschon mich damit!“, sagte die eine ziemlich aufgebracht. Die andere wollte etwas erwidern, kam jedoch nicht zu Wort, weil die erste gleich weiterfuhr: „Würdest du das auch einer Mutter sagen, deren Kind gerade gestorben ist?“
Schon waren die beiden an mir vorbei und ausser Hörweite. Doch es machte mich nachdenklich. Wie oft hatte ich doch diesen oder einen ähnlichen Spruch schon gesagt! Eine so heftige Reaktion war mir jedoch nie entgegengebracht worden. Und es ist nun einmal das, woran ich glaube und was ich in meinem Leben schon unzählige Male erfahren habe. Natürlich sage ich es nicht zu jedem und in jeder Situation; ich vertraue darauf, dass meine Innere Stimme mir schon die richtigen Worte auf die Zunge legt, wenn es darum geht, jemanden zu trösten und ihm Mut zu machen.
Mir wurde dieser Satz zum ersten Mal von einer weisen Frau gesagt, als mein Partner gestorben war. Und mir hat er damals gutgetan! Er hat mir zwar den Verlustschmerz nicht nehmen können, aber er hat ein kleines Licht der Zuversicht angezündet, dass alles gut wird. Später habe ich dann tatsächlich auch verstanden – also den Sinn erkannt –, warum ich meinen Partner durch den Tod verlieren musste.
Am berührendsten war dieser Satz für mich aber, als ich ihn einmal aus dem Mund einer Freundin hörte, deren Kind an einem äusserst aggressiven bösartigen Tumor erkrankt war. Sie sagte, mehr zu sich selbst als zu mir: „Es wird schon einen Sinn haben… auch wenn ich ihn überhaupt nicht sehe und wahnsinnig Angst habe, meinen Kleinen zu verlieren.“ Und sie weinte dabei.
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