Gleichmut, ein weiterer Pfeiler des sonnigen Wegs

Gleichmut, nicht zu verwechseln mit Gleichgültigkeit, wird in der Bhagavad Gita treffend beschrieben:

[Der Erhabene spricht:] Wer das Erfreuliche nicht begehrt und nicht jubelt, wenn es ihm zufällt, wer vor dem Unerfreulichen nicht zurückschreckt und nicht betrübt ist, wenn es ihn befällt, wer keinen Unterschied mehr macht zwischen glücklichen und unglücklichen Ereignissen, dieser ist Mir lieb.
Gleichmütig gegenüber Freund und Feind, gleichmütig gegenüber Ehrung und Beschimpfung, Freude und Schmerz, Lob und Tadel, Sorge und Glücklichsein, Hitze und Kälte […] ein solcher Mensch ist Mir lieb.
Bhagavad Gita XII, 17-19

Unser Leben pendelt in der Regel zwischen Auf und Ab, von Himmelhochjauchzend bis Zutodebetrübt. Wollen wir das eine, müssen wir das andere in Kauf nehmen – keine Berge ohne Täler.
Man hört manchmal: „Das gehört halt zum Leben! Diese ewige Gelassenheit – das wäre doch langweilig!“ Doch meistens sagen wir das nur, wenn wir uns gerade in einem Hoch befinden – fallen wir in ein Loch, wünschen wir uns nichts sehnlicher, als wieder herauszukommen.
Diese „ewige Gelassenheit“ ist alles andere als langweilig! Es ist eine immerwährende Zufriedenheit, eine tiefe Lebensfreude in jedem Augenblick, eine innere Ruhe, Seelenfrieden. Es ist der natürliche Zustand des Menschen, der sich entschlossen hat, sich nicht länger dem Diktat von Lust und Unlust, der Tyrannei von Glück und Leid zu beugen.

Wir werden diese Eigenschaft nicht von einem Tag auf den anderen erlangen; wie bei all unseren Veränderungen müssen wir an uns arbeiten – doch es lohnt sich: In Gleichmut lebt es sich so leicht!
Wahrer Gleichmut geht so weit, dass wir selbst gegenüber Krankheit und Verletzungen (körperliche und psychische) „immun“ werden. Doch fangen wir nicht bei solch anspruchsvollen Lebenssituationen an zu üben, sondern bei den alltäglichen Kleinigkeiten:
• Es ist keine Milch mehr da – dann trinke ich den Kaffee halt ohne und murre nicht, wie grässlich er schmeckt.
• Ein Freund, mit dem ich verabredet war, sagt ab – dann mache ich halt etwas anderes und sitze nicht beleidigt zu Hause herum. *
• Ich wollte ins Kino, aber meine Mutter hat mich jetzt gebeten, ihr beim Grosseinkauf zu helfen – ich gehe freudig mit ihr, nicht etwa widerwillig, weil ich muss.
• Ich finde keinen Parkplatz … Der Zug hat grosse Verspätung … Meine Tasche wurde mir gestohlen … Ich verschütte Himbeersirup auf das weisse Tischtuch … Mein Computer ist von einem Virus befallen worden … – unzählige sind die Alltagssituationen, in denen wir uns in Gleichmut üben können!

Aber auch: Ich habe die tolle Wohnung bekommen … Ich bin endlich schwanger geworden … Ich habe im Lotto gewonnen … Mein Mann ist von einer schwerer Krankheit vollständig genesen – ich empfinde eine ruhige, dankbare Freude und mache nicht Luftsprünge vor lauter Glück!

In so genannt angenehmen wie in unangenehmen Lagen bin ich mir bewusst, dass meine Zufriedenheit stets in mir ist und nicht von den äusseren Umständen abhängt.

* In allen Situationen, in denen Mitmenschen sich mir gegenüber unkorrekt verhalten, bedeutet Gleichmut keineswegs, dass ich sie nicht auf ihr Fehlverhalten aufmerksam machen soll, denn das ist mein Recht und auch gut für sie – doch eben mit „Gleichmut“, also nicht wütend, verletzend, beleidigend, sondern klar und sachlich. Und vor allem darf ich mich nicht über das mir „Angetane“ ärgern, verletzt oder beleidigt fühlen! Zu mir selbst muss ich sagen: „Es ist wie es ist, und so ist es gut.“

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