Selbstveränderung

Ich glaube, dass es im Leben viel gefährlicher ist, in den alten Gewohnheiten und Gewissheiten zu bleiben. Das Leben ist nicht statisch, es bringt immer Veränderungen. Gefährlich wird es, wenn wir nicht bereit sind, Risiken einzugehen.
[…]
Tun wir immer das Gleiche, produzieren wir immer dasselbe Resultat. Das genügt nicht. Wir müssen über verschiedene Denkansätze und Handlungsweisen verfügen. So lernen wir, auf unvorhergesehene Situationen gut zu reagieren.
[…]
Ich habe gelernt, überlieferte Überzeugungen und Paradigmen infrage zu stellen und das Gegenteil zu denken. Es gibt drei Werkzeuge im Leben: Neugierde, Ausdauer und Respekt.
(aus einem Interview mit Bertrand Piccard, erschienen in Readers’s Digest Schweiz, Juni 2009)

Die obigen Aussagen stammen von einem Menschen, den ich bewundere – nicht nur für seinen Mut, sondern vor allem für seine Weisheit (ich habe schön öfters Interviews von ihm gehört oder gelesen und war jedes Mal beeindruckt).

Ich habe schon einmal ausführlich über das Thema „Selbstveränderung“ geschrieben – lustig, auch damals angeregt durch Bertrand Piccard, wie ich gerade feststelle! Nämlich hier.
Deshalb heute nur eine kurze, intensive Ermunterung an euch alle: Habt den Mut, neue Wege zu beschreiten, aus den gewohnten Denkmustern auszubrechen, ein Risiko (das in Wirklichkeit keines ist!) einzugehen!
Die eigene Veränderung zum Lebensziel zu erklären, ist der einzige Weg, der Angst und gleichzeitig der Sinnlosigkeit zu entgehen.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

„Das Buch Antares“: Zeit und Raum und Tiefe und Spannung…

Coverbild
Mir wurde ein Buch geschenkt, das ganz nach meinem Geschmack ist: ein spannender Roman mit spiritueller Tiefe, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vermischt, den Verstand verwirrt und den Geist beflügelt. Beruflich bin ich ständig mit Lesen und Schreiben beschäftigt, vornehmlich von Fach- und Sachtexten; in meiner Freizeit will ich Bücher, die leicht zu lesen sind (bei denen ich nicht jeden Satz zuerst analysieren muss, um ihn zu verstehen), dennoch nicht oberflächlich, die spannende und tiefgründige Geschichten erzählen. Und solche Bücher gibt es meiner Meinung nach viel zu wenige – das war einer der Gründe, warum ich vor bald einem Jahrzehnt meine beiden spirituellen Erzählungen schrieb.
Deshalb will ich euch heute auch „Das Buch Antares“ von Mitra Devi empfehlen. Ich zitiere aus dem Klappentext:

Im Zürich von heute tritt eine junge Frau vor den Richter. Angeklagt des Mordes an der eigenen Schwester, rennt sie an gegen eine Mauer des Schweigens und gerät in die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik. Im Venedig des Mittelalters flieht ein verwaister Junge vor der Pest. Er findet Aufnahme in einem Nonnenkloster. Doch als der schwarze Tod vor den Klostermauern nicht Halt macht, steht er wieder verlassen da. Ein geheimnisvoller Brief seines Vaters bringt ihn in die Fänge der Inquisition. Auf dem Mars lebt eine Kolonie von Menschen. Sie sind die letzten ihrer Art, auf der Erde ist alles Leben durch Krieg vernichtet worden. Das Überleben des Menschen scheint gesichert. Da macht sich ein gewaltiger Asteroid bemerkbar, der auf den roten Planeten zurast.
Das Unheil nimmt seinen Lauf. Wie aus dem Nichts taucht «Springer» auf, ein seltsamer Wicht aus einer anderen Dimension, der darauf drängt, dass Menschen aus den vertrauten Bahnen ausbrechen. Es beginnt ein furioser Ritt durch Zeiten und Welten.

Erhältlich im Buchhandel und bei Online-Shops.

Übrigens: Ich bin dankbar für eure Buchempfehlungen! Ihr könnt Sie auf dieser Website hinterlassen, indem ihr auf „Einen Kommentar schreiben“ klickt. Herzlichen Dank!

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Die Verantwortung abgeben

Möchten wir das nicht alle? Jemanden haben, der uns in jedem Augenblick sagt, was wir tun und was wir lassen sollen – vorausgesetzt er besässe die absolute Wahrheit und wüsste wirklich, was richtig und was falsch ist… und wir nicht mehr selbst für unser Tun die Verantwortung tragen müssten.

Es war einmal ein guter König, der stets um das Wohl seines Reiches und seiner Untertanen besorgt war. Doch diese Pflichten und die Verantwortung, die er trug, zehrten an ihm; oft verbrachte er schlaflose Nächte vor lauter Sorge, falsche Entscheidungen zu treffen oder nicht genug zu tun, um Unheil von seinem Land abzuwenden.
Als er immer betrübter und erschöpfter davon wurde, vertraute er sich einem Weisen an, der in einer Waldeinsiedelei lebte.
„Wenn deine Aufgabe dich so sehr belastet, solltest du jemanden finden, der sie dir abnimmt“, riet ihm der Einsiedler. Der König antwortete: „Es ist nicht einfach, ein gerechter Herrscher zu sein; wen könnte ich damit beauftragen?“
Als der Weise sich anerbot, diese Pflicht zu übernehmen, war der König hocherfreut, konnte er sich doch niemanden vorstellen, der besser dafür geeignet wäre. Feierlich sagte er zu ihm: „Ich übergebe dir mein Reich“, und fühlte bei diesen Worten, wie alle Last von ihm abfiel. Dann verfinsterte sich sein Blick und er meinte stirnrunzelnd: „Doch was soll ich jetzt tun? Ich muss mir eine neue Aufgabe suchen…“
Der Einsiedler sprach ihm Mut zu: „Bei deinen Fähigkeiten, wirst du bestimmt das Passende finden.“ Dann fügte er hinzu: „Wenn du jetzt in deinen Palast gehst, um deine Minister von unserer Vereinbarung in Kenntnis zu setzen, überbringe ihnen bitte die folgende Botschaft von mir: Sie sollen sich gleich darum bemühen, jemanden zu finden, der die Tagesgeschäfte für mich erledigt.“
Erstaunt wandte der König ein: „Willst du das denn nicht selbst tun?“
Der Weise schüttelte den Kopf: „Nein, ich bin ein Asket, ich kann nicht im Palast wohnen; ich werde von hier aus regieren und meinem Stellvertreter Anweisungen geben. – Übrigens: wärst du nicht interessiert an dieser Arbeit? Mit deiner Erfahrung als König bist du doch bestens dafür geeignet…“
Sofort erklärte sich der König dazu bereit und der Einsiedler trug ihm auf: „Handle immer, wie du es für richtig hältst; störe mich nicht unnötig, wirklich nur wenn du ein Problem nicht selber lösen kannst.“
So kehrte der König in seinen Palast zurück und herrschte als Stellvertreter des Weisen. Die Arbeit machte ihm Freude – spürte er doch nicht länger die Last der Verantwortung. Und es hatte sich äusserlich überhaupt nichts geändert…

Wie schön, die Verantwortung einfach abzugeben und unbekümmert zu handeln! Und dabei dennoch alles so gut wie möglich erledigen – das versteht sich –, aber ohne diese Belastung, wir könnten etwas falsch machen, es könnte schief herauskommen…
Wir können die Verantwortung für unser Leben und unser Handeln abgeben – an das Göttliche. Und dann leicht und sorgenlos leben, im Vertrauen, dass Es schon das Richtige daraus entstehen lässt.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Schicksalsschläge

Eine Bekannte von mir hat binnen weniger Monate viel Schweres erlitten, und zwar in jedem Lebensbereich, dem persönlichen, dem beruflichen und auch in ihrem Umfeld. Sie steht gewissermassen nackt da, ganz am Boden. Es stellt sich die Frage, warum es solche Häufungen von Schicksalsschlägen gibt – wo doch der einzelne schon schwer zu bewältigen ist und alle zusammen kaum mehr zu ertragen.

Jedes Ereignis an sich hat eine bestimmte Bedeutung, die wir erkennen oder nicht. Käme es als Einzelereignis daher, bestünde offenbar die Gefahr, dass wir uns irgendwie „herauswinden“ ohne daraus zu lernen: Ein einzelnes Problem lässt sich einfacher lösen oder verdrängen. Die Häufung jedoch führt uns an unsere Grenzen, an den Punkt, an dem wir etwas unternehmen müssen – oder „untergehen“: Vielleicht wagen wir positive neue Schritte, weil wir „nichts mehr zu verlieren haben“ (in der Tat haben wir nie etwas zu verlieren!); oder nach einer Zeit des Schmerzes und der Verzweiflung, die wir mit Gleichmut zu ertragen lernen sollen, eröffnen sich uns ungeahnte, bereichernde Möglichkeiten, die wir nicht wahrnehmen könnten, wären die sogenannten Schicksalsschläge nicht alle zusammen aufgetreten.
Und leider sind es oft die schweren Schicksalsschläge, die uns erst auf unseren spirituellen Weg führen oder uns darin bestärken…
Wichtig ist, das Vertrauen nicht zu verlieren, dass nichts geschieht, um uns zu strafen oder zu verletzen. Alles dient unserer Entwicklung und mündet im Guten, in Glück und Erfüllung. An dieser Überzeugung sollten wir unter allen Umständen festhalten!

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Der Fluss in der Wüste

Die Religionen haben ihre Dogmen erstellt und sie streiten untereinander, jede meint, nur sie besitze die absolute Wahrheit. Doch in ihrem Kern, in ihrer mystischen Ausprägung, findet sich immer die gleiche Wahrheit: Die direkte Gotteserfahrung führt immer nur zum Einen – wie könnte es auch anders sein, da doch das Göttliche nur eines ist!
Eine der wichtigen Aussagen jeder Mystik lautet: Wir müssen loslassen, was uns an das Irdische bindet, und uns vollständig der Göttlichen Führung anvertrauen.
Ja, Urvertrauen und Hingabe… und etwas Mut.
Hier eine hübsche Geschichte aus dem Sufismus (mystische Richtung des Islam) zu diesem Thema.

Ein Fluss entsprang einer Quelle im Gebirge und strömte hinab ins Tal, durch Wälder und Wiesen, bis er schliesslich die Wüste erreichte. Er hatte alle bisherigen Hindernisse überwunden und sich seinen Weg sogar durch harten Fels erkämpft; doch so sehr er sich auch bemühte, die Wüste zu durchqueren – sein Wasser versickerte im Sand. Er spürte aber, dass seine Bestimmung jenseits der Wüste lag, nur wusste er nicht, wie er sein Ziel erreichen könnte.
Da hörte er eine Stimme aus der Ferne: „Der Wind überquert die Wüste – ergib dich ihm, er wird dich hinüber tragen.“
Der mächtige Strom, der immer alles allein geschafft hatte, war nicht angetan von der Idee, sich dem Wind anzuvertrauen – und ein bisschen Angst hatte er auch, denn er konnte sich nicht vorstellen, wie das gehen sollte.
Der Sand schien seine Gedanken zu erraten und erklärte ihm: „Der Wind nimmt dein Wasser in die Luft auf, weht es über die Wüste und lässt es als Regen fallen, sodass es wieder zu einem Fluss werden kann.“
Der Strom zögerte, er wollte doch seine Eigenart nicht aufgeben! Und wäre er danach immer noch der Gleiche?
„Du kannst in keinem Fall bleiben, was du bist. Gibst du dich nicht dem Wind hin, stirbst du im Sand“, flüsterte die geheimnisvolle Stimme. „Doch sieh: Das Wesentliche an dir wird bestehen bleiben, das, was du in Wahrheit bist…“
So liess der Fluss seinen Dunst aufsteigen, der Wind trug ihn immer höher und wehte ihn über die Wüste hinweg bis zu einem Gebirge. Hier liess er ihn sanft herabfallen, reines Wasser, und der Strom erkannte, dass er jetzt wirklich er selbst war.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Das Leiden der „Unschuldigen“

Warum müssen „Unschuldige“ leiden und sterben, beispielsweise unschuldige Opfer eines Unfalls, die hungernden Kinder? Das ist eine Frage, die sich die Menschen immer wieder stellen und die manche an der Existenz eines gütigen, barmherzigen Gottes zweifeln lassen.

Eine pauschale Erklärung dafür gibt es nicht. Zumindest keine, die der menschlichen Logik gerecht würde. „Vernünftige“ Erklärungen bieten das Karma-Gesetz oder die Vorstellung eines Göttlichen Plans, in dem diese Ereignisse eben einen Grund haben, den wir Menschen allerdings nicht wissen – und womöglich auch nicht verstünden.
Weit verbreitet ist auch die Theorie des Advaita-Vedanta (eine der Richtungen der altindischen Philosophie), die kurz umrissen besagt, dass die Welt, alles „Erschaffene“, nur eine Illusion (= Maya) sei (also auch das Leiden und der Tod) und die einzige Wirklichkeit das Göttliche, mit dem wir eins sind, ohne uns dessen bewusst zu sein.
Wir können uns das so vorstellen: Eine Zelle unseres Körpers (beispielsweise eine Leberzelle) fühlt sich als ein eigenständiges Wesen, sie funktioniert tatsächlich ganz für sich allein; sie ist sich zwar bewusst, dass sie Teil eines Grösseren ist (der Leber) und mit den anderen Leberzellen zusammenlebt, doch sie nimmt das übergeordnete Wesen (den Menschen), von dem sie ein Teil ist, nicht wahr.
Analog, immer gemäss der indischen Philosophie, realisieren wir menschliche Wesen ebenso wenig, dass wir nicht nur Teile der Menschheit sind, sondern auch Teile eines grösseren Ganzen. Diese Wahrheit wird durch Maya sozusagen verschleiert und unsere Aufgabe und Ziel ist es, den Schleier zu durchdringen und die Wirklichkeit zu erkennen.
Somit wäre auch jedes individuelle Leiden nur eine Illusion – gelingt es uns, diese Illusion zu beseitigen, hört das Leiden auf.

Diese Erkenntnis soll uns dazu verhelfen, dass wir das eigene Leiden mit etwas mehr Distanz betrachten und relativieren, und verhindern, dass wir bei unseren leidenden Mitmenschen mit-leiden – doch selbstverständlich sollen wir ihnen mit Nächstenliebe und Barmherzigkeit begegnen, ihnen Trost spenden und nach unseren Möglichkeiten dazu beitragen, ihr Leiden zu lindern.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Anhaftung und Loslassen

In der buddhistischen Lehre spielt die Anhaftung eine zentrale Rolle. Sie verursacht Leiden – das Nirwana, der radikale Ausweg aus dem Leiden, ist das Ziel des Buddhisten.
Zugrunde liegt die Erkenntnis, dass alles vergänglich ist, jeder Gegenstand, jedes Lebewesen, aber auch jede Situation, jeder Zustand. Solange wir etwas Geliebtes besitzen, sind wir glücklich. Doch diesem Besitz wohnt die Möglichkeit, ja die Sicherheit inne, dass wir ihn irgendwann verlieren: Ein Gegenstand, an dem wir hängen, kommt uns abhanden oder geht kaputt, ein Mensch, den wir lieben, stirbt oder verlässt uns (oft empfinden wir ja schon kurzzeitige Trennungen als schmerzhaft). Auch haben wir alle schon erlebt, dass wir ein beglückendes Ereignis, beispielsweise der Besuch eines schönen Ortes oder eine angenehme Situation, wiederholen wollten, aber wie oft wurden wir dabei enttäuscht, weil es nicht mehr wie das erste Mal war!
Wir hängen an den Dingen, an den Menschen, an den Zuständen. Meistens sind wir nicht in der Lage, alles wie in einem Film zu betrachten, der ein, zwei Stunden dauert, zu Ende geht – und das wars! Er ist einfach fertig und wir leiden nicht deswegen. Im wirklichen Leben fällt uns das Loslassen enorm schwer; schon eine kleine Veränderung, die uns nicht passt, kann uns Traurigkeit und Schmerz verursachen.
Die Lösung kann nicht darin bestehen, überhaupt nichts mehr zu besitzen, keinen Menschen mehr zu lieben, keine Freude mehr an Schönem zu empfinden, da grundsätzlich nicht der Besitz und der Genuss das Leiden verursachen, sondern nur unsere Anhaftung daran.
Es gibt kein anderes Mittel gegen unsere Anhaftung, als das Loslassen ständig zu üben; ein grundlegender Gleichmut und das Vertrauen, dass alles, was uns geschieht, gut für uns ist und uns auf unserem Weg weiterführt, sind dabei die Eckpfeiler.
Mit den materiellen Dingen gelingt uns das schon bald ziemlich gut. Wir verlieren unser Halskettchen, das Portemonnaie mit viel Geld wird uns gestohlen, ein geschätzter Gegenstand geht kaputt: In diesen Fällen schaffen wir es meistens, den Verlust anzunehmen und den Dingen nicht nachzutrauern. Schon schwieriger ist es beim Davonlaufen der Katze oder dem Tod des Hundes. Und völlig frei von Leiden sind wir wohl nie, wenn ein geliebter Mensch von uns geht…

Ist ein Verlust bereits eingetreten, hindert der Schmerz uns daran, uns mit der Anhaftung auseinander zu setzen; dann sind wir nur noch damit beschäftigt, das Leiden zu verarbeiten. Die Schule gegen die Anhaftung sollte beginnen, wenn die Gegenstände oder Menschen noch bei uns sind: Solange wir sie „besitzen“, müssen wir lernen, uns an ihnen zu erfreuen, ohne an ihnen zu hängen und ohne ihren Verlust zu fürchten.
Sobald wir allerdings versuchen, innerlich, gefühlsmässig einen Menschen, der immer noch bei uns ist (den Partner, die Eltern, ein Kind), loszulassen und die Anhaftung abzubauen, meinen wir, eine gewisse Gleichgültigkeit und Leere zu empfinden, und es kommt uns vor, als liebten wir diesen Menschen nicht mehr. Unser Ego setzt nämlich Liebe mit Besitz gleich: Wenn es nicht mehr besitzen kann, so liebt es auch nicht mehr. In diesem Moment dürfen wir nicht aufgeben, nicht denken: „Besser mit Anhaftung lieben als gar nicht“. Es gilt diese Leere eine Weile auszuhalten: Wenn etwas wegfällt, entsteht ein Loch – nennen wir es lieber positiv „freier Raum“ –, der sich erst wieder füllen muss, was eine Zeitlang dauern mag. Gefüllt wird die von der egoischen Liebe hinterlassene Lücke mit der Liebe der Seele, dieser bedingungslosen Liebe, die nichts erwartet und nichts fordert – nicht besitzt, nicht anhaftet. Diesen freigewordenen Raum wieder zu besetzen ist zugegebenermassen ein langwieriges, hartes Stück Arbeit, das ständigen Übens in den Alltagssituationen bedarf: Die vermeintliche Gleichgültigkeit wird dabei in Fürsorge umgewandelt, die Distanz in Respekt – und langsam fühlen wir die wahre Liebe in uns wachsen.

Je früher wir mit den Bemühungen beginnen, die Anhaftung loszuwerden, desto eher sind wir dann bereit, wenn der geliebte Mensch uns verloren geht. Kommt es eines Tages zur Trennung – dazu kommt es unweigerlich, spätestens durch den Tod –, so werden wir dem Verlust vielleicht noch nicht völlig schmerzfrei, zumindest aber mit einem gewissen Mass an Gleichmut begegnen können.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Nicht-Handeln im Handeln

Was wir auch tun (oder lassen) im Leben: Es hat immer einen Grund – wir tun etwas „weil…“ – oder einen Zweck – wir tun etwas „um zu…“. Unser Handeln ist zielgerichtet, wir wollen damit etwas erreichen.
Erlangen wir das Ersehnte, ist alles gut, wir sind glücklich. Erlangen wir es jedoch nicht, sind wir unzufrieden, vielleicht auch frustriert, enttäuscht, wütend, deprimiert und mehr. Wir verurteilen uns selbst oder einen anderen oder die widrigen Umstände, hadern gar mit dem Schicksal oder fühlen uns schuldig, unfähig, wertlos. Möglicherweise war unser Bemühen zum Erreichen des Ziels schon von Stress, Kampf, Ängsten und anderen unangenehmen Erscheinungen begleitet.
„So ist halt das Leben!“, sagen wir oft. „Ein Auf und Ab.“

So muss das Leben aber nicht sein. Das Geheimnis liegt im uneigennützigen Handeln. Uneigennützig heisst: Wir streben keinen eigenen Nutzen an bei dem, was wir tun. Auch keinen Nutzen für andere Menschen – uneigennützig darf nicht als altruistisch missverstanden werden. Wir streben mit unseren Taten überhaupt nichts an, weder für uns selbst noch für andere. Es kann auch als selbstloses Handeln bezeichnet werden: selbst-los = ohne dass unser Selbst (oder Ego) mitwirkt. Wie es in der Bhagavad Gita steht:

Du hast ein Recht auf das Handeln, aber nur auf das Handeln, niemals auf dessen Früchte; lass nicht die Früchte deines Wirkens dein Beweggrund sein, noch lass Anhaftung zur Tatenlosigkeit in dir zu.
Fest gegründet im Yoga [= spiritueller Weg], vollbringe deine Taten als einer, der jegliche Anhaftung aufgegeben hat und gleichmütig geworden ist im Misslingen und im Erfolg; denn Gleichmut wird im Yoga angestrebt.
Bhagavad Gita II, 47 f.

Wir tun also in jedem Augenblick was gerade zu tun ist, was wir im Moment für richtig halten, und lassen dann los. Wie das Ergebnis unseres Handelns auch ausfällt, wir nehmen es gleichmütig an. Dieses „Es sollte halt nicht sein“ hat nichts mit Resignation zu tun, sondern mit unserem Bewusstsein, dass wir immer das bekommen, was gut für uns ist. Gut in einem übergeordneten Sinne, nämlich gut für unsere innere Entwicklung, gut um etwas zu lernen – und darüber freuen wir uns.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

„Lieber Gott, bitte hilf mir!“

In meinem letzten Artikel habe ich versprochen, über meine persönlichen Erfahrung mit dem Stossgebet zu erzählen. Da fallen mir zwei Begebenheiten ein, die mich besonders bewegt haben.

Zwischen 1980 und dem Anfang der 1990-er Jahre bekannte ich mich zum „gottlosen“ Buddhismus, nachdem ich mich davor viele Jahre lang Atheist genannt hatte.
Als mein Lebenspartner 1987 ganz unerwartet einen Herzinfarkt erlitt – die Symptome waren selbst für einen Laien eindeutig – und er bewusstlos vor mir lag, bekam ich wahnsinnig Angst und fühlte mich völlig ohnmächtig.
Da stieg aus der Tiefe meiner Seele ungefragt ein Stossgebet empor: „Lieber Gott, bitte hilf mir, lass ihn nicht sterben!“ Im gleichen Augenblick schaltete sich mein Verstand ein und sagte nüchtern: „Was soll das? Ich glaube doch gar nicht an Gott!“ – Jedenfalls stellte sich der Herzinfarkt dann beim Arzt als sehr leicht heraus und mein Lebenspartner erholte sich vollständig.

Einmal, es dürfte über zwölf Jahre her sein (ich hatte zu jener Zeit das Göttliche bereits zum Sinn und Ziel meines Lebens gemacht), wanderte ich allein einer Bergflanke entlang hoch über dem Tal; es war ein breiter, gut ausgebauter Weg – fast schon eine „Wander-Autobahn“! –, der Hang nicht besonders steil, dass ich hätte hinunterstürzen können, das Wetter prächtig ohne eine Wolke am Himmel. Also keine Spur einer gefährlichen Situation.
Als ich mich nach einer kurzen Rast wieder aufmachte, packte mich bei den ersten Schritten die Angst, es war eine Beklemmung in meiner Brust, die mir beinahe den Atem nahm, eine grundlose, sinnlose, unbegreifliche Panik. Ich spürte, wie meine Beine nachzugeben schienen, meine Hände zitterten. Ich blieb stehen. Ein Teil von mir, der offenbar nicht mithineingezogen war, wunderte sich, fragte, was mit mir geschah, und verstand es nicht; auch dieser neutrale Beobachter vermochte indes nicht, die Angst zu lösen, sie war in mir und um mich, hüllte mich völlig ein und füllte mich gänzlich aus. (Später habe ich für mich eine Erklärung gefunden, aber das ist eine andere Geschichte.)
„Göttliche Mutter, bitte beschütze mich!“ Ungerufen, nicht gedacht, stieg aus meiner Seele der Hilferuf auf und augenblicklich erfüllte mich Frieden, eine wunderbare innere Reglosigkeit. Mein Blick ruhte auf dem Wasserfall auf der anderen Talseite – da bildete sich kreisrund ein Regenbogen.
Ich setzte meinen Weg fort, fühlte eine nie gekannte Dankbarkeit, die zugleich Zuversicht war, dass mir von da an nie mehr etwas passieren konnte; es war eine Geborgenheit in einem Mächtigeren als mir, die Gewissheit, mein Leben nicht mehr in jedem Moment selbst lenken und kontrollieren zu müssen, sondern es vertrauensvoll übergeben zu haben – wie ein Kind, das an der Hand der Mutter geht und sich nicht darum kümmert, wohin der Weg führt.

Ich hatte diese Worte „Göttliche Mutter, bitte beschütze mich“ nie zuvor verwendet – sie wurden zu meinem persönlichen Stossgebet, das sich seither jedesmal spontan in mir bildet, wenn ich in eine schwierige oder gefährliche Situation gerate. Und ich spreche sie auch bewusst, sobald ich ins Auto steige, bevor ich einschlafe und bei vielen anderen Gelegenheiten.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Urvertrauen – der erste Pfeiler des sonnigen Lebenswegs

Bei kleinen Kindern ist das Urvertrauen von Natur aus vorhanden: Sie zweifeln nicht daran, dass sie behütet sind, aufgehoben, geliebt werden und alles bekommen, was sie brauchen. Später geht es dann verloren, wenn das Ego mit seinen Wünschen und Ängsten erstarkt, wegen dem Verhalten von Bezugspersonen, weil die Lebensschule Herausforderungen bringt und mehr; auf die Gründe gehe ich jetzt nicht ein – es hilft auch nicht wirklich, zu wissen, warum wir zu wenig oder kein Urvertrauen haben: Die Situation ist, wie sie ist, und hier sollen wir ansetzen und etwas daran ändern!

Das Urvertrauen ist allerdings eine wichtige Basis, um ein glückliches Leben zu führen. Eine grundlegende Erkenntnis, um es wiederzufinden, lautet:
In diesem irdischen Leben gibt es keine Belohnung oder Strafe: Alles, was mir zufällt und zustösst, verfolgt einzig den Zweck, mich etwas zu lehren, mir neue Erkenntnisse zu vermitteln, meine innere Entwicklung zu fördern. Deshalb kann mir in meinem Leben weder etwas geschehen, was nicht für mich bestimmt ist, noch kann ich etwas erlangen, was nicht für mich bestimmt ist.

Wozu mich also um irgendetwas sorgen? Ich darf mein Leben gelassen und ruhig durchwandern: Es kommt alles, wie es gut für mich ist – gut in einem übergeordneten Sinne, nämlich gut für meine innere Entwicklung.
Ich bin auf dieser Welt, um zu lernen – deshalb wird mir alles gegeben, was dieses Lernen fördert, und alles vorenthalten, was diesem Lernen hinderlich ist, daran kann ich nichts ändern. Egal wie sehr ich für oder gegen etwas kämpfe: Um meine Lektionen komme ich nicht herum. Wieso sie also nicht mit Freude angehen? Und vor allem mit der Gewissheit, dass ich geführt und gestützt werde und mir nie mehr auferlegt wird, als ich tragen kann.
Welche Erfahrungen wir mit irdischen Lehrern während unserer Schulzeit auch gemacht haben mögen: Der Göttliche Lehrer will tatsächlich nur unser Bestes und leitet uns liebevoll!

Natürlich „gefällt“ uns (unserem Ego) nicht alles, was auf uns zukommt: Das Ego sucht nach Lust und Genuss, nach einem „leichten“ Leben möglichst ohne Leiden. Doch weil es sowieso nicht in unserer Macht liegt, Erwünschtes zu erlangen und Unerwünschtes abzuwenden, sollten wir lernen anzunehmen, was auch immer uns gegeben wird.
Dazu braucht es Gleichmut – Gleichmut ist ein weiterer Pfeiler des sonnigen Lebenswegs und ich werde demnächst ausführlicher hier darüber schreiben.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter